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24-11-2021 Pandemie als Herausforderung und Chance verstehen

Bürgermeister Rupert Dworak zu Gast beim Wirtschaftskreis Wiener Neustadt

Der Wirtschaftskreis Wiener Neustadt ließ sich auch vom vierten bundesweiten Lockdown nicht abhalten, ein virtuelles Treffen zu organisieren. Obmann Martin Weber konnte den Präsidenten des Sozialdemokratischen Gemeindevertreterverbandes, Bürgermeister Rupert Dworak, als Referenten gewinnen. Der Ternitzer Bürgermeister referierte zu den Auswirkungen der noch immer andauernden Pandemie für die nö. Gemeinden. Sein Fazit: „Die Pandemie sowohl als Herausforderung, als auch als Chance zu begreifen“.

Aufgrund des Lockdown war das Treffen mit Bürgermeister Dworak leider nur „virtuell“ möglich. Dies tat der Diskussionsfreude der Teilnehmer*innen keinen Abbruch.

Testen, Testen, Testen

Zu Beginn der COVID-19-Pandemie 2020 waren die Gemeinden vor allem mit der Herausforderung konfrontiert, Testkapazitäten vor Ort aufzubauen. Dabei stellte sich sehr bald heraus, dass neben den technischen Anforderungen, diese Aufgabe nur durch die vom Ehrenamt getragenen Strukturen der Einsatzorganisationen bewältigt werden konnte. Sehr positiv waren auch viele lokale Initiativen im Bereich der Nachbarschaftshilfe: Bürger*innen gingen z.B. für Menschen aus besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen einkaufen, um diese vor einer Infektion zu schützen.

Förderung nicht weitgehend genug

Sehr mühsam gestaltete sich für viele Gemeinden die Inanspruchnahme der Bundesförderungen: Die Gemeinden, die ja österreichweit mit einem Volumen von mehr als 4 Mrd. Euro zu den größten Investoren gehören, mussten ihre Investitionspläne daher revidieren und auf das „Notwendigste“ konzentrieren. Am Investitionspaket I der Bundesregierung konnten viele kleinere Gemeinden nicht teilnehmen, weil sie den Eigenanteil von 50% an den Projekten nicht finanzieren konnten. Beim Investitionspaket II handelte sich lediglich um einen Vorschuss auf die Ertragsanteile der Gemeinden, die letztlich wieder zurückgezahlt werden müssen. Auch das Land NÖ kündigte ein großes Investitionspaket mit über 800 Mio. Euro an. Davon waren letztlich aber nur 45 Mio. Euro „frisches“ Geld, der Rest verteilte sich auf Kredite, Stundungen und Bedarfszuweisungen.

Pflegenotstand wurde offenbar

Neben der durch die Pandemie ausgelösten Wirtschaftskrise machte auch die „Gesundheitskrise“ viele Baustellen sichtbar. Besonders das Problem des fehlenden Personals im Spitals- und Pflegebereich wurde nochmals im alarmierenden Ausmaß schlagend. Nicht nur die fehlenden medizinischen Einrichtungen werden zunehmend zum Problem, sondern die fehlenden Pflegekräfte. Ein Problem, welches leider kurzfristig nicht verbessert werden kann. Hier wurde über die Jahre eine Entwicklung verschlafen. Pensionierungen bzw. die Abwanderung von Menschen aus diesen Berufsbildern aufgrund der unerträglichen Belastungen verschärfen das strukturelle Problem zusätzlich.

Steigende Energiekosten werden viele Menschen stark belasten

Ein weiterer Aspekt, den alle Bürger*innen zunehmend zu spüren bekommen, ist die Teuerung im Energiebereich sowie bei verschiedenen Gütern und (Bau-)Materialien. Die hohen Energiekosten werden sich vor allem ab Jahresbeginn 2022 in den Geldbörsen der Niederösterreicher*innen stark bemerkbar machen. Bei den Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz sind die nö. Gemeinden schon seit vielen Jahren als Vorreiter unterwegs. Die Förderungen in diesen Bereichen müssten massiv erweitert werden, sonst können Investitionen der Gemeinden in den Klimaschutz in der Zukunft aufgrund der leeren Gemeindekassen nicht gesichert werden.

Krise ist auch Chance

Bürgermeister Dworak berichtete den Teilnehmer*innen des Wirtschaftskreis aber nicht nur über die (negativen) Herausforderungen an die Gemeinden, sondern identifizierte auch einige Chancen für die Zukunft:

Die Digitalisierung schritt durch die Pandemie sehr viel schneller voran. Videokonferenzen, Home Office, Home Schooling und Webinare sind mittlerweile gesellschaftlich akzeptiert. Auch wenn ein Ende der Pandemie in vielen Fällen wieder eine Rückkehr zu Aktivitäten in Präsenz zur Folge haben wird, so werden diese neuen Formen der Kommunikation bleiben und sich weiter entwickeln. Gerade in der beruflichen Fortbildung eröffnen Webinare die Möglichkeit, viel mehr Menschen als in Präsenz zu erreichen.

Ländlicher Raum muss davon profitieren

Die fortschreitende Digitalisierung sieht Rupert Dworak auch als eine große Chance für den ländlichen Raum. Die ungebrochene Abwanderung der Bevölkerung vom Land in die Stadt könnte dadurch eingebremst werden. Menschen müssen nicht mehr stundenlang pendeln, sondern können von zuhause aus arbeiten. Dies erfordert aber auch einen massiven Ausbau der Breitbandverbindungen „auf dem Land“. Mit der gegenwärtigen Ausbaugeschwindigkeit sind wir in 20 Jahren noch nicht fertig.

Eine weitere Herausforderung für den ländlichen Raum bleibt aber die fehlende Infrastruktur. Immer weniger Nahversorger, Postämter, Polizeidienststellen und auch Ärzte sind in Landgemeinden zu finden. Hier muss es sicher in Zukunft vermehre Anstrengungen von Bund, Länder und Gemeinden geben. Es könnten z.B. Ärzte verpflichtet werden, nach dem Studium auch in Landpraxen oder Regionalspitälern arbeiten zu müssen. Deren Engagement auf dem Land könnte dann beim Erhalt von Kassenverträgen positiv bewertet werden.

Gemeinsamer Appell der Teilnehmer*innen

Aus dem Referat von Bürgermeister Dworak entspann sich eine angeregte Diskussion, die im gemeinsamen Appell der anwesenden Wirtschaftskreismitglieder gipfelte: „Bitte gehen Sie impfen!“. Nur eine entsprechende Durchimpfungsrate wird uns in die Lage versetzen, das Virus so in den Griff zu bekommen, dass wir und auch die Gemeinden wieder nachhaltig durchstarten können.

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